Mehr Sicherheit im Nahverkehr für Handnutzer
durch Bodenampeln (Leuchtstreifen)

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Smombies leben gefährlich

Fußgänger, die durch Smartphones abgelenkt oder vereinnahmt sind, nennt man auch Smombies. Gerade das Spiel Pokémon GO sorgt in letzter Zeit für Furore und treibt zusätzlich ganze Scharen von Menschen auf die Jagd nach Monstern durch die Straßen. Dabei ist ihr Blick sehr oft starr aufs Handy gerichtet und weniger auf den Straßenverkehr!

Studie zeigt: Handnutzung im Straßenverkehr
nimmt zu!

Die Dekra hat erst vor wenigen Wochen in einer Studie festgestellt, dass etwa jeder sechste Fußgänger ein Smartphone zum Nachrichten schreiben, telefonieren oder Musik hören nutzt, während er am Straßenverkehr teilnimmt. Wissenschaftler hatten dafür rund 14 000 Passanten in sechs europäischen Großstädten – in Berlin, Amsterdam, Brüssel, Paris, Rom und Stockholm – beobachtet.

Besonders problematisch: Knapp 8 Prozent der Fußgänger tippten beim Überqueren der Fahrbahn in ihr Handy. „Wie zu erwarten war, benutzten jüngere Fußgänger tendenziell häufiger das Smartphone als ältere“, teilte die Dekra Unfallforschung mit. In der Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren daddelte etwa jeder Vierte mit dem Handy.

Augsburg setzt auf Bodenampeln:
rote, blinkende  LED-Leuchten auf dem Boden,
wenn die Straßenbahn einfährt!

Der sture Blick auf das Smartphone kann im Straßenverkehr zu gefährlichen Situationen führen. Ist die Konzentration auf das mobile Telefon gerichtet statt auf das Umfeld, werden auch rote Ampeln nicht wahrgenommen. Um die Sicherheit für Smartphone-Nutzer zu erhöhen, haben die Stadtwerke Augsburg (swa) jetzt testweise an zwei Haltestellenübergängen Lichtsignale im Boden eingebaut. Rote LED-Leuchten entlang des Bordsteins am Übergang blinken, sobald das Fußgängersignal der Ampel auf Rot schaltet und sich eine Straßenbahn nähert. Das erhöht nicht nur die Aufmerksamkeit für Smartphone-Nutzer, sondern trägt insgesamt zur Sicherheit an dieser sehr stark frequentierten Haltestelle bei. Denn immer häufiger wird das Rotlicht der Fußgängerampel missachtet, wodurch es zu gefährlichen Situationen kommt.

So soll vor allem bei denjenigen, die durch den Blick aufs Display die reguläre Ampel nicht sehen, die nötige Aufmerksamkeit erzeugt werden, um einen Unfall zu vermeiden. Installiert wurden die Lichtsignale an der Haltestelle Haunstetter Straße und am Überweg zur Haltestelle Von-Parseval-Straße. Die LEDs sind auch aus größerer Entfernung gut sichtbar. Das erhöht die Sicherheit auch außerhalb des Überweges.

Fußgänger lassen sich durch ihr Smartphone
gefährlich ablenken

Die FAZ (Autor: Thiemo Heeg, Redakteur in der Wirtschaft) schreibt dazu:

Autofahrer wissen: Handy am Steuer wird teuer. Wer beim Telefonieren ohne Freisprechanlage, beim E-Mailen oder Computerspielen erwischt wird, dem droht in der Regel ein Bußgeld von 60 Euro und ein Punkt in Flensburg. Viele nutzen ihr Mobiltelefon im Straßenverkehr trotzdem, und sie sind nicht die Einzigen.

Die Folgen:
Auch zahlreiche Fußgänger lassen sich durch ihr Smartphone gefährlich ablenken. Das legt eine vor kurzem veröffentlichte Erhebung der Sicherheitsorganisation Dekra nahe. Sie untersuchte sechs europäische Hauptstädte und fand heraus: Von rund 14.000 Fußgängern in Amsterdam, Berlin, Brüssel, Paris, Rom und Stockholm nutzten fast 17 Prozent ihr Smartphone während der Teilnahme am Straßenverkehr.

Tipper waren weiblich, viele Musikhörer männlich

Die Dekra-Forscher beobachteten jeweils an drei verschiedenen Stellen in den Innenstädten die Fußgänger und dokumentierten deren Smartphonenutzung. Die Erhebungen fanden an Orten mit hoher Fußgängerdichte statt, also an vielbefahrenen Kreuzungen und Fußgängerüberwegen, an Haltestellen und Bahnhöfen. Dabei zeigte sich: Über alle Städte und Altersgruppen hinweg tippten knapp 8 Prozent beim Überqueren der Straße Texte in ihr Gerät ein. Weitere 2,6 Prozent telefonierten, und rund 1,4 Prozent taten beides gleichzeitig. Rund 5 Prozent hörten vermutlich Musik.

„Wie zu erwarten war, benutzten jüngere Fußgänger tendenziell häufiger das Smartphone als ältere – wobei mit über 22 Prozent die intensivste Nutzung in der Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren zu beobachten war“, erläuterte die Dekra. Die Fachleute ermittelten zudem „auffällige geschlechtsspezifische Unterschiede“. Viele Tipper waren weiblich, viele Musikhörer dagegen männlich.

Risikoreich kann freilich das eine wie auch das andere sein. „Viele Fußgänger unterschätzen offenbar die Gefahren, denen sie sich selbst aussetzen, wenn sie ihre Aufmerksamkeit auf solche Art vom Straßenverkehrsgeschehen abwenden“, warnt Dekra-Vorstandsmitglied Clemens Klinke. Zum Beispiel Gruppen junger Leute, die gemeinsam in ein Smartphone schauen, während sie die Straße überqueren. „In einem Fall kollidierte sogar die ganze Gruppe mit einem Fahrradfahrer“, berichtet Klinke. „Besonders eindrücklich“ sei eine Szene in Stockholm gewesen. Dort blieb ein junges Mädchen mitten auf der Straße stehen, holte ihr Handy heraus und begann zu tippen. „Erst als ein Busfahrer hupt, wird ihr klar, wo sie steht, und sie geht weiter.“ Solche und ähnliche Situationen hätten die Teams immer wieder beobachtet.

Bodenampeln sollen Handynutzer schützen

Im schlimmsten Fall kann ein solches Verhalten tödlich enden. Immer wieder kommt es in Deutschlands Städten zu schweren Verkehrsunfällen gerade mit jungen Menschen, die durch ihr Smartphone abgelenkt sind. Im März starb in München eine 15 Jahre alte Schülerin, weil sie Kopfhörer trug und unachtsam auf die Tramgleise lief. In Witten im Ruhrgebiet lief im August ein 19 Jahre alter Fußgänger vor eine Straßenbahn und starb; er trug ebenfalls Kopfhörer.

Lässt sich gegen die Unachtsamkeit etwas tun? Appelle, aufmerksam durch die (Verkehrs-)Welt zu gehen, werden ebenso ungern gehört wie schnell vergessen. Deshalb versuchen es deutsche Kommunen jetzt mit unkonventionellen Maßnahmen. In Augsburg und in Köln sollen sogenannte Bodenampeln Handynutzer vor schweren Unfällen schützen. In der Universitätsstadt am Lech wurden testweise an zwei Haltestellenübergängen Lichtsignale im Boden eingebaut.

Rote LED-Leuchten entlang des Bordsteins am Übergang blinken, sobald das Fußgängersignal der Ampel auf Rot schaltet und sich eine Straßenbahn nähert. „So soll vor allem bei denjenigen, die durch den Blick aufs Display die reguläre Ampel nicht sehen, die nötige Aufmerksamkeit erzeugt werden, um einen Unfall zu vermeiden“, hoffen die Stadtwerke. Die LEDs seien selbst aus größerer Entfernung gut sichtbar, heißt es. Das erhöhe die Sicherheit auch außerhalb des Überwegs. Falls sich die Technik bewährt, könnten weitere Systeme installiert werden.

 

Foto oben:
Test der Stadtwerke: Blinkende LED-Leuchten im Boden sollen Smartphone-Nutzer auf das Rotlicht der Ampel am Fußgängerüberweg der Straßenbahnhaltestelle Haunstetter Straße hinweisen. 

Foto: swa / Thomas Hosemann